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Der Geschmack von Heimatküche

Das ist wohl, was man ein „Traditionsrestaurant“ nennt. Adelheid und Jürgen Andruschkewitsch führen seit über 30 Jahren ihr mehrfach ausgezeichnetes Restaurant „Rose“ im malerischen Bühler Tal. Dort verwöhnt BIOSpitzenkoch Jürgen Andruschkewitsch Gäste mit sehr individuellen Hausrezepten der regionalen Bioküche. Warum für ihn nichts anderes mehr in Frage kommt, das erzählt er hier im Interview.

BIOSpitzenkoch Jürgen Andruschkewitsch, Foto: Marcus Gloger, Copyright BLE

Wer Jürgen bei der Arbeit zusehen darf, ist fasziniert: Ein unfassbarer Erfahrungsschatz, Experimentierfreude und tiefe Verbundenheit mit Land, Menschen und Natur seiner Heimat in Baden-Württemberg. All das findet sich in seinen raffinierten, ungewöhnlichen und naturnahen Rezepten wieder. Drei davon hat er uns mitgebracht.

Lieber Jürgen, was verbindet Euch seit so langer Zeit mit „Bio“?

In erster Linie ist es der natürliche Geschmack nahezu unverarbeiteter Zutaten. Im Lauf der letzten 30 Jahre haben wir gesehen, wie Produkte sich verändert haben. Damit waren wir nicht zufrieden. Durch Zufall sind wir damals mit Biobauern aus der Region ins Gespräch gekommen und haben ihre Produkte ausprobiert. Heute sind wir an den Geschmack und die Qualität so gewöhnt, dass wir nicht mehr zurückwollen.

Foto: Jürgen Holz, Copyright BLE

Jürgens Heimatküche: Fast alles kommt aus der Region und bleibt so naturbelassen wie möglich. Das gilt auch für die knusprigen Einkorn-Sonnenblumenkern-Küchle.

Heimatküche, was bedeutet das für Dich?

Fast alle Zutaten kommen von lokalen Lieferanten. Damit meine ich Zutaten aus einem Umkreis von 30 bis 50 Kilometern. Mir ist es wichtig Produkte aus der Heimat zu verarbeiten, am besten direkt vom Erzeuger. Untereinander sind wir gut vernetzt: Biohöfe und Hofläden kooperieren mit saisonalen Produkten. Ich liefere oft Rezepte zu, die mit in die Einkaufstasche kommen, um zu zeigen, was mit einem vielleicht neuen oder unbekannten Gemüse gekocht werden kann. Gemeinsam stärken wir so Bio und die Angebotsvielfalt in unserer Region.

Kräuter, Blüten, Beeren und Früchte für deine Gerichte kommen aus deinem Garten, von Streuobstwiesen oder von Wildkräuter-Sammlungen in den Auenwiesen des Bühler Tals. Sind sie das Geschmacksgeheimnis eurer naturnahen und naturbelassenen Heimatküche?

Ja unbedingt, unter anderem. In meinem Garten ziehe ich zwischen 60 und 65 Kräuter. Das Umland ist sehr hügelig und zum Glück stellenweise völlig unberührt und naturbelassen. Hier wachsen Hecken, Sträucher und viele Kräuter, die man sonst nicht findet. Das sind wichtige Refugien für Insekten wie Wildbienen und Schmetterlinge und eine Schatzkiste für unsere Küche.

Zum Thema Geschmack: Wie definierst du natürlichen Geschmack?

Es macht geschmacklich einen großen Unterschied, ob ein Gemüse Zeit hat zum Reifen, ein Tier Zeit hat zu wachsen. Man schmeckt, ob ein Rind auf der Weide war oder nur im Stall, ob ein Schwein draußen herumspringen konnte. Das Fleisch von Tieren, die ein Jahr oder älter werden, ist im Geschmack interessanter, aromatischer – natürlicher. Das Biofleisch von unseren Lieferanten schmeckt für sich, ich würze nur wenig.

Du hast uns einige Rezepte aus deiner Heimatküche mitgebracht. Hier spielen auch sogenannte Urgetreide wie Emmer und Rotkorn eine Rolle. Warum verwendest du diese alten Getreidesorten?

Sie sind im Geschmack würziger und aromatischer. Ich verwende sie zum Beispiel für Füllungen in vegetarischen Gerichten. Sie haben wirklich viel Geschmack und wertvolle Inhaltsstoffe. Ich finde auch interessant, wie sie in der Verarbeitung reagieren, zum Beispiel in Kombination mit Fisch. Das Urgetreide kaufe ich direkt beim Landwirt ohne Zwischenhändler. Im Bioladen gibt es Urgetreide gemahlen oder als ganzes Korn. Das kann man dort oft feinmahlen oder schroten lassen, wenn man keine eigene Mühle hat.

Foto: Jürgen Holz, Copyright BLE

Schmeckt immer himmlisch nach Heimat – egal wo: Mohnschmarrn mit Emmer.

Es wird wieder kühler, da freut man sich über warme Suppen wie deine Pastinaken-Cremesuppe. Pastinaken gehören zu den wiederentdeckten, alten Gemüsesorten. Biolandwirtinnen und -Landwirte setzen sich für den Erhalt der Sortenvielfalt auf Feld und Acker ein. Auch geschmacklich haben die alten Gemüsesorten viel zu bieten?

Genau, die alten Sorten sind vom Geschmack intensiver. Aromatisch interessanter. Wie zum Beispiel gestreifte Bete, sie schmecken feiner als rote Bete. Der Anbau alter Sorten ist vielleicht komplizierter, aber der Geschmack ist viel aromareicher. Bunte Möhren, gestreifte Bete, damit haben wir hier angefangen und einen Biobauern gewonnen, der diese Sorten für uns anbaut. Den Samen haben wir ihm mitgegeben. Heute sind sie bei ihm in kürzester Zeit ausverkauft. Denn, andere gastronomische Betriebe der Region ziehen nach.

Foto: Jürgen Holz, Copyright BLE

Alte Sorten – wiedergefundene Aromen: Pastinaken-Cremesuppe mit Rotkornnocken.

Bio in Restaurants, das wünschen sich mehr Menschen (Ökobarometer 2018, BMEL). Auch Ihr engagiert Euch für mehr Bio in der regionalen Gastronomie. Was sind Eure Tipps für mehr Bio in Restaurantküchen?

Wir denken, dass die Biozertifizierung als Hürde empfunden wird. Aber, man muss sich nicht gleich zu 100 Prozent zertifizieren. Vielleicht startet man mit einer Teilzertifizierung zum Beispiel für Biofleisch. Denn es lohnt sich. Wir profitieren von unserer Zertifizierung: Inzwischen freuen wir uns über viele Gäste, die uns über das Stichwort „Biorestaurant“ im Internet finden.

Lieber Jürgen, vielen Dank!

Weitere Infos

  • Im biozertifizierten Restaurant „Rose“ gibt es raffinierte Heimatküche auch für Vegetarier*innen und Menschen mit Nahrungsmittel-Allergien.

http://eschenau-rose.de/index.php?page=2&fn=2

  • Mehr über BIOSpitzenkoch Jürgen Andruschkewitsch:

https://www.oekolandbau.de/bio-im-alltag/einkaufen-und-kochen/kochen/biospitzenkoeche/koeche/juergen-andruschkewitsch/

  • Mehr Bio im Land: Bio-Modellregionen:

https://www.oekolandbau.de/bio-im-alltag/bio-erleben/aktiv-werden/oeko-modellregionen/

  • Mehr Bio in der Stadt: Bio-Städte:

https://www.biostaedte.de